(Sexuelle) Gewalt gegen Kinder – Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2019


11. Mai 2020

Im Jahr 2019 hat sich aus Sicht der Deutschen Kinderhilfe bei allen Aktivitäten zum Kinderschutz leider nur wenig zum Positiven verändert und gleichzeitig zeichnen sich bezüglich sexueller Gewalt eher besorgniserregende Tendenzen ab.

Die Zahl der von vollendeten Tötungsdelikten betroffenen Kinder ist gegenüber dem Jahr 2018 um 17,65 % (von 136 auf 112 Fälle) zurückgegangen, die der Versuche um 11,22 % (von 98 auf 87 Fälle).

So positiv sich dies in Prozenten lesen mag, so wenig darf es darüber hinwegtäuschen, dass in Deutschland im Jahr 2019 immerhin mehr als 11 Mio. Kinder unter 14 Jahren lebten und dass sich die Zahl von Tötungsdelikten an Kindern in den vergangenen Jahren immer um die Hundert bewegt hat. Das macht deutlich, dass die Entwicklung im zurückliegenden Jahr zwar insgesamt positiv war, aber vor dem Hintergrund der Gesamtzahl mit Zurückhaltung zu bewerten ist.

Trotzdem ist jedes gerettete Leben alles Engagement wert und wir sind erfreut darüber.

Der Rückgang der so genannten Misshandlungen, die eigentlich „Schwere Gewalt gegen ein Kind“ genannt werden müssten, weil hier über einen längeren Zeitraum, mehrfach und besonders quälend Knochen gebrochen, Zähne herausgeschlagen, Organe verletzt, Haut verbrannt, verbrüht, verätzt oder durch Hunger oder auf andere Weise gequält wurde, ist mit einem Minus von 1,91 % (von 4.180 auf 4100 Fälle) eher als nicht signifikant einzustufen. Tendenz also gleich schlecht wie schon im Vorjahr.

„Zwei tote Kinder pro Woche in Deutschland durch Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung -und das seit Jahren – sind für mich als Arzt Aufforderung, daran zu erinnern, endlich den Gesundheitsbereich stärker einzubinden, um diese Kinder besser zu schützen. Ärzten muss die ‘interkollegiale Information‘ ermöglicht werden: d.h. die Gelegenheit über ihre Verdachtsfälle miteinander zu sprechen und sich auszutauschen. Die gerade laufende Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) durch das Bundesfamilienministerium könnte dafür die Rechtsgrundlagen schaffen. Bisher sieht es allerdings nicht danach aus, dass sich da etwas bewegt. Und so steht zu erwarten, dass wir auch zukünftig die hohe Zahl kindlicher Gewaltopfer beklagen dürfen“, beklagt Dr. Ralf Kownatzki, Kinderarzt und Vorsitzender des Vereins RISKID e. V.

Sehr viel negativer sind jedoch die Tendenzen im Bereich der sexuellen Gewalt zu vermerken. Die Zahl beim sogenannten sexuellen Missbrauch stieg gegenüber dem Vorjahr um 8,96 % an (von 14.606 auf 15.936 Fälle), die der Vergewaltigungen sogar um 19,9% (von 179 auf 218 Fälle).


Und bislang weitgehend unbemerkt ist bei den Tatverdächtigen des sogenannten sexuellen Missbrauchs von Kindern festzustellen, dass im vergangenen Jahr 10,2 % von ihnen selber unter 14 Jahre alt, also selber noch Kinder waren. Und bei den 14 bis 18jährigen waren es insgesamt 21,2%, dem Grunde nach Kinder und Jugendliche, die auf dem Weg der Entwicklung einer eigenen sexuellen Identität Grenzen überschritten, die sie nicht hätten überschreiten dürfen. Und bei Ihnen geht es weniger um Strafe, sondern um frühestmögliche Prävention, damit sie sich später als Erwachsene nicht wieder und weiter mit Gewalt zu nehmen versuchen, was sich niemand mit Gewalt nehmen darf.

In Zusammenhang mit der Herstellung, dem Besitz und der Verbreitung von sogenanntem kinderpornografischem Material gibt es eine bemerkenswerte Steigerung um 64,61 % (von 7.449 auf 12.262 Fälle).

Sicherlich dürften auch hier wieder etliche Kinder und Jugendliche dabei sein, die derartiges Material über ihre Smartphones miteinander ausgetauscht haben, aber dies ändert nichts an dem Fakt an sich.

Hier bedarf es neben besseren rechtlichen Rahmenbedingungen, mehr Personal und besserer Technik, aber auch mehr Vernetzung aller staatlichen und nichtstaatlichen Akteure und an den Bedürfnissen der Bürger und weniger nur der Polizei orientierter Meldeplattformen bei den Polizeien von Bund und Ländern.

„Und die Tatsache, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik lediglich das aufgedeckte Hellfeld wiedergibt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sexuelle Gewalt in ihren verschiedenen Abstufungen allmählich zur traurigen gesellschaftlichen Normalität zu werden scheint und dass jeder aus dem Dunkelfeld heraus ermittelte Einzelfall ein Fall eines betroffenen Kindes mehr ist, den es nie hätte geben dürfen.

Dem ist endlich nachhaltig Einhalt zu gebieten, alleine schon aus Respekt gegenüber den Abertausenden von Kindern, die wir nicht hatten schützen können, und diesen Respekt vermisse ich derzeit“, so das Fazit von Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V.

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