Vorratsdatenspeicherung: Initiative des Landes Mecklenburg in der morgigen Bundesratssitzung


17. September 2020

Täterschutz vor Opferschutz?

 

Am morgigen Freitag will Mecklenburg-Vorpommern über den Bundesrat wieder Bewegung in die langjährige Diskussion über die so genannte Vorratsdatenspeicherung bringen. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, argumentiert, dass der Staat ohne die Vorratsdatenspeicherung Möglichkeiten beim Kampf gegen Kinderpornografie und Extremismus verschenken würde.

Recht hat er! Wobei sich die Deutsche Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V. als Kinderschutzorganisation aus seinen Argumenten bezüglich der Bekämpfung des Extremismus heraushält.

Im vergangenen Jahr konnten laut dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, 2100 Hinweise auf Kinderpornografie aus dem Ausland – und die Mehrzahl der Hinweise kommt aus dem Ausland – nicht verfolgt werden, weil die Verkehrsdaten bei den Providern wegen der ausgesetzten Speicherpflicht, eben nicht oder nur kurz gespeichert worden waren. Im Jahr davor waren es sogar 4000 Fälle. Und hinter jedem Fall steckt eine auf Bild- und Tonträger aufgezeichnete und ins Netz gestellte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung eines Kindes oder eine andere Form der sexuellen Gewalt gegen ein Kind.

Dabei ist zu beachten, dass die Täter gewöhnlich mehr als eine Datei mit mehr als nur einem Kind auf ihren Rechnern haben, nicht selten mehrere hundert. Wie viele zehntausende Kinder werden dadurch länger vergewaltigt, sexuell genötigt oder erfahren andere sexuelle Gewalt – und es dürfte sich hierbei eher um eine sehr bescheidene Schätzung handeln?

Und wie lebensfremd muss man sein, um zu glauben, dass derartige Filmaufnahmen mit den betroffenen Kindern nur ein einziges Mal gemacht werden? So genannte Kinderpornografie befördert sexuelle Gewalt gegen Kinder ganz erheblich.

Diejenigen, die morgen im Bundesrat über das Wohl unserer Kinder zu entscheiden haben, müssen sich dazu bekennen, was ihnen wichtiger ist: Die Verhinderung der sehr abstrakten Gefahr, dass die so erhobenen Daten vom Staat zum Missbrauch seiner Macht genutzt werden könnten oder die Abwehr der konkreten gegenwärtigen erheblichen Gefahr weiterer und länger andauernder Vergewaltigungen, sexueller Nötigungen und andere Formen sexueller Gewalt gegen zehntausender von Kindern.

Es hört sich so schön und verharmlosend an, zu erklären, dass es schließlich um das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geht. Nein! Es geht um das Leben und die Gesundheit unserer Kinder, die hier anscheinend wieder einmal vergessen werden,“ so Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e. V.

Auch mir bereitet eine Vorratsdatenspeicherung ohne Grenzen Sorgen, aber ich erwarte von den Bundesratsmitgliedern eine offene Diskussion mit konstruktiven Vorschlägen statt ideologisch verbrämter Verweigerung.

„Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern ist Andersdenkenden bereits entgegengekommen und hat etliche der ursprünglich vorgesehenen Straftaten aus dem Katalog herausnehmen lassen. Nachdenken könnte man ggf. auch über einen doppelten Richtervorbehalt, dass z. B. verdächtiges Material, das sich nicht auf Kinderpornografie erstreckt, nach richterlicher Anordnung nur von einem anderen Ermittlungsrichter ausgewertet werden dürfe.

„Oder warum nutzt man nicht bereits existierende automatisierte Analysesysteme wie das von Thorn aus den USA oder Arachnid aus Kanada für eine nicht manipulierbare ‚Vorprüfung‘ bei den Providern, so dass nur Verkehrsdaten gespeichert würden, bei denen tatsächliche Anhaltpunkte für die besonders schweren Katalogtaten zu bestehen scheinen?

„So würden dann eben nicht mehr alle Daten von jedem im Netz gespeichert werden,“ führt Becker weiter aus.

Nachdem bereits die Bundesjustizministerin verspätet aber immerhin erkannt hat, dass die Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder einen besonders hohen Stellenwert hat, sind nun die letzten Verweigerer gefragt. Eine Ablehnung ohne konkrete Vorschläge, wie denn diese sonst nicht mehr zu ermittelnden Fällen aufgeklärt werden können, wäre zutiefst unehrlich und kinderfeindlich.

„Es macht mich wütend, wenn ich immer wieder höre, dass die Vorratsdatenspeicherung alleine auch keine Lösung ist. Nichts ist alleine die Lösung, aber dies als Ausrede zu nehmen, überhaupt nichts zu tun, finde ich einfach nur peinlich. Politiker, die so denken, sind für mich fehl an ihrem Platz, denn sie sind von uns gewählt, um Lösungen zu entwickeln und sie sollen erkannte Probleme nicht nur bis zur nächsten Wahl aussitzen“, so Becker.

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