Cybergrooming – Was ist das und wie kann ich mich schützen?


Soziale Medien, Online-Gaming & Co. können ein Sicherheitsrisiko für euch darstellen, unter anderem, weil es „Cybergrooming“ gibt. Fast ein Viertel der Kinder und Jugendlichen sind davon betroffen – und die Zahlen steigen. Deshalb möchten wir euch in diesem Text einen Überblick darüber geben, was Cybergrooming ist und euch ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wie ihr es erkennt und wie ihr euch davor schützen könnt.

Der Begriff Cybergrooming kommt aus dem Englischen. Er beschreibt die Anbahnung sexualisierter Kontakte durch Erwachsene an Kinder und Jugendliche. Die Kontaktaufnahme erfolgt bei Cybergrooming über das Internet (daher: Cyber-). Grooming bedeutet also, dass Erwachsene die Kinder/ Jugendlichen für den Übergriff „vorbereiten“.

Wie gehen die Täter*innen vor?

Die Täter*innen nehmen dazu über soziale Medien (z.B. TikTok, Instagram, Facebook, Snapchat, etc.) oder über Online-Spiele (z.B. Fifa, GTA 5 Online, Call of Duty, Fortnite, etc.) Kontakt zu euch auf. Über jedwede Plattform, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht, schriftlich oder über Sprach-Chats miteinander zu reden. Hierbei gibt es zwei gängige Maschen, wie sie euch gegenüber auftreten könnten:

1) Entweder geben sie sich als eine verständnisvolle und vielleicht sogar lustige erwachsene Person aus, die euch mit Rat und Tat zur Seite steht und euch das Gefühl gibt, dass ihr euch dieser Person anvertrauen könnt. Ihr fühlt euch gehört und verstanden. Euch dieses Gefühl zu geben, ist aber eine bewusste Manipulation durch die Cybergroomer: Das machen sie, weil sie hoffen, dass es euch durch das vertrauensvolle, enge Verhältnis zu ihnen später, wenn sie euch zu sexuellen Gesprächen oder Handlungen drängen wollen, schwerer fällt, nein zu sagen oder sogar den Kontakt zu ihnen abzubrechen.
2) Oder sie geben sich als gleichaltrige oder nur leicht ältere (noch jugendliche) Person aus, die euch anschreibt, weil sie auf irgendeiner Plattform gesehen hat, dass ihr die gleichen Interessen habt oder weil ihr einen coolen Spielzug in einem Online-Game gebracht habt. Die Groomer bauen darauf, dass die Hürde zwischen Gleichaltrigen kleiner ist, sich gegenseitig Fotos zu schicken oder über Liebe und Sex zu sprechen. Egal, welche Masche die Täter*innen wählen, es fängt mit harmlosen Unterhaltungen an, über Themen, von denen die Cybergroomer glauben, dass sie euch entweder begeistern (z.B. Hobbies, Freunde, Familie) oder für euch problembehaftet sind (z.B. Schule, Familie, Freunde). Es ist typisch für Cybergrooming, dass die Grenzen erst nach und nach durch die Groomer verschoben werden.

Das bedeutet, dass ihr mit der Zeit nicht mehr merkt, dass das, was die Täter*innen euch fragen oder von euch fordern, nicht in Ordnung ist, weil es keinen eindeutigen „Schock-Moment“ gibt: Von belanglosen Themen ausgehend, stellen euch die Cybergroomer persönlichere Fragen, wie z.B.: wo wohnt ihr, auf welche Schule geht ihr, habt ihr ein gutes Verhältnis zu euren Eltern, habt ihr viele Freunde, sind eure Eltern viel zuhause, beaufsichtigen sie eure Medienzeit? Diese Fragen sind für Cybergroomer wichtig, damit sie einschätzen können, wie hoch ihr Risiko ist, erwischt zu werden – oder wie hoch sie ihre Chancen einschätzen, euch manipulieren zu können. Denn viele Cybergroomer suchen sich Kinder/ Jugendliche, die wenig Freunde oder mit ihren Eltern kein vertrauensvolles Verhältnis haben. Sie nehmen an, dass sie die Kinder oder Jugendlichen eher
manipulieren können, wenn sie sozial isoliert sind. Die Hoffnung der Cybergroomer ist, dass das zum einen dazu führt, dass diese Zielgruppe bereits von sich aus stärker nach sozialen Kontakten sucht und für Kontaktaufnahmen durch Fremde empfänglicher ist. Und zum anderen vermuten sie, dass es weniger wahrscheinlich ist, dass sich die Kinder/ Jugendlichen einer erwachsenen Bezugsperson anvertrauen würden.

Deshalb gilt:

Vertraut euch bitte unbedingt jemandem an, wenn euch eine Situation im Netz überfordert oder ihr euch mit etwas unwohl fühlt! Wenn ihr keine erwachsene Bezugsperson in eurem persönlichen, nicht-virtuellen Umfeld kennt, der ihr euch anvertrauen möchtet, stehen unter diesem Text einige Links, unter denen ihr euch auch Hilfe holen könnt. Die Täter*innen bitten euch möglicherweise, euren Eltern nichts von ihnen zu erzählen. Dafür können sie unterschiedliche, zu diesem Zeitpunkt logisch klingende Gründe nennen. Irgendwann fordern sie euch vielleicht sogar auf, ihnen Fotos oder Videos von euch zu schicken. Sie machen euch erst harmlose Komplimente, doch dann werden die Komplimente auch mal unangenehm. Sie stellen zum Beispiel anzügliche Vermutungen darüber an, wie ihr wohl weniger bekleidet aussehen würdet. Vielleicht locken sie euch auch mit Geschenken als Gegenleistung. Oder behaupten, Fotograf*in oder ähnliches zu sein. Nachdem ihr ihnen Fotos geschickt habt, bitten sie euch um weitere Fotos, diesmal vielleicht sogar welche, auf denen ihr stärker posiert. Blockt ihr ab, fangen sie an, euch zu überreden oder bauen Druck auf, bedrohen euch vielleicht sogar. Diese Kommentare und Forderungen fühlen sich möglicherweise nur kurz unangenehm an, dann entspannt sich das Gespräch im Chat wieder und fühlt sich wieder „normal“ an. Das gehört zur gezielten Manipulation und stufenweisen Grenzverschiebung der Cybergroomer dazu.

Was sind Warnzeichen?

In bestimmten Situationen sollten eure Alarmglocken deshalb läuten, auch wenn sich das Gespräch danach immer wieder „normal“ anfühlt. So zum Beispiel, wenn:

• ...zu viele Fragen in Richtung eurer Routinen oder privater Daten kommen (z.B. Nachname, Adresse, Name und Ort der Schule, Telefonnummer, E-Mail-Adresse).

• ...sich Fragen häufen, die dazu geeignet sind, abzuschätzen, wie groß euer soziales Umfeld ist.

• ...wenn euch jemand im Internet das Versprechen abringen möchte, euren Eltern nichts von eurem Chat/Kontakt zu erzählen.
Es ist klar und normal, dass ihr euren Eltern nicht immer alles erzählen möchtet. Aber genau in solchen Momenten wie hier solltet ihr eure Eltern unbedingt einweihen.

• ...wenn eine fremde Person Fotos oder Videos von euch anfordert, insbesondere, wenn ihr für sie posen sollt.
Manche Inhalte sind nicht für das Internet gedacht. Die geteilten Fotos oder Videos bleiben im Netz. Teilt deshalb nur Bilder oder Videos von euch, bei denen ihr euch sicher sein könnt, dass sie euch in ein paar Wochen, Monaten, Jahren nicht unangenehm sein werden.


• ...wenn jemand versucht, euch zu locken – mit Geschenken oder vermeintlichen Versprechen, euch berühmt zu machen.
In den allermeisten Fällen wird hinter diesem Angebot ein Cybergroomer stecken. Im Gegenzug für das Geschenk wird häufig ein Foto oder Ähnliches gefordert. Das Versprechen, euch als Influencer*in oder Model bekannt zu machen, wird häufig als Vorwand verwendet, um euch irgendwo (allein) an einem nicht-öffentlichen Ort zu treffen. Das ist gefährlich. Wenn ihr euch unbedingt mit jemandem aus dem Internet treffen möchtet, nehmt bitte unbedingt jemanden zu dem Treffen mit und holt euch die Erlaubnis eurer Eltern ein! Trefft euch nur an öffentlichen Orten, die ihr selbst bereits gut kennt. Ihr könnt zusätzlich euren Live-Standort mit einer Person eures Vertrauens teilen.

• ...wenn jemand versucht, euch zu etwas zu überreden oder Druck aufbaut. Eine Person, die euch wirklich mag, würde niemals wollen, dass ihr euch wegen ihr unwohl fühlt.Hört auf euer Bauchgefühl. Ihr dürft nein sagen. Hört die Person nicht auf zu drängeln, blockiert
und/oder meldet die Person. Sucht euch bei Bedarf Hilfe.

Viele Groomer versuchen außerdem, recht schnell von einer Social-Media-Plattform, bei der Pseudonyme anstatt Telefonnummern verwendet werden, auf Messenger-Dienste umzusteigen. Davon versprechen sie sich möglicherweise mehr Privatsphäre und Kontrolle über euch. Auch bei Messenger-Diensten, wie Whatsapp oder Telegram, könnt ihr die Cybergroomer blockieren. Der Vorteil bei Plattformen, wie Instagram oder TikTok, ist aber, dass ihr die Groomer bei diesen Plattformenzusätzlich zum Blockieren auch „melden“ könnt.

Die Nutzung von Pseudonymen anstatt der privaten Handynummer ermöglicht euch außerdem noch mehr Anonymität und erschwert es den Cybergroomern, euch auszuspionieren. So nett oder vertrauensvoll die Unterhaltungen zunächst sein mögen, das Ziel von Cybergroomingist immer, mit euch über sexuelle Handlungen zu sprechen, freizügige Fotos oder Videos von euch zu erhalten oder euch sogar persönlich zu treffen und sexualisierte Gewalt anzutun. Nicht alle Menschen, die ihr über das Internet/ im Internet trefft, sind nett. Falls euch so etwas schon
mal passiert ist oder sich euch jemand im Internet auf diese oder ähnliche Art annähern sollte, macht euch bitte bewusst, dass euch niemals die Schuld für das trifft, was die Täter*innen machen.

Ihr habt sie durch nichts, was ihr macht oder schreibt, dazu „eingeladen“, euch zu bedrängen und ein schlechtes Gefühl zu geben. Wenn ihr euch unwohl fühlt, hört auf euer Bauchgefühl. Es ist absolut okay, nein zu sagen!


Die Groomer sind zwar meistens männlich. Aber nur weil ihr (offiziell) mit einer Frau oder einem Mädchen schreibt, ist das leider noch keine Entwarnung. Denn einerseits können sich Männer als Mädchen ausgeben und andererseits betreiben auch Frauen Cybergrooming (wenn auch weniger häufig als Männer). Bitte seid trotzdem auch dann noch vorsichtig, wenn ihr von der anderen Person schon Fotos erhalten habt: Es gibt technische Möglichkeiten, Fotos von älteren Menschen zu verjüngen, von jüngeren zu altern oder Fotos von Männern zu verweiblichen, usw. Das sind sogenannte „Deep Fakes“ und die sind schwierig zu erkennen. Cybergrooming – und auch der Versuch – sind in Deutschland strafbar. Trotzdem ist es leider keine Seltenheit, dass Kinder/ Jugendliche Cybergrooming-Erfahrungen machen, wie zwei umfassende,repräsentative Studien 2021 und 2022 herausgefunden haben. Diesen Studien zufolge hat fast ein Viertel der Kinder und Jugendlichen im Alter von 8–18 Jahren bereits Erfahrungen mit Cybergroomern machen müssen (24%).

Die Arten von Cybergrooming, um die es in den Studien ging, waren vielfältig:
• Verabredungen über das Internet
• Versprechen (von Geschenken) vs. Zusendung von Fotos/Videos
• Aufforderung, sich vor der Kamera auszuziehen
• Verabredung im realen Leben zum Fotoshooting
• Empfangen von Nacktbildern
• Drohungen im Internet

Hierbei waren Ältere in allen Bereichen stärker von Cybergrooming betroffen als Jüngere, was eventuell auch mit der Mediennutzungszeit oder dem -nutzungsverhalten zusammenhängen könnte, die ei jüngeren Kindern/ Jugendlichen in der Regel schwächer ausgeprägt sind. Allerdings war im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 ein besorgniserregender Anstieg an Groomingerfahrungen bei Kindern zu beobachten (8–9 und 10–12 Jahre). Mädchen und Jungen waren in beiden Befragungsjahren etwa gleichviel betroffen.Durch diese Befragungen wurde deutlich, dass sich Kinder und Jugendliche wünschen, über das Thema besser informiert zu werden. Die überwiegende Mehrheit wünschte sich, in der Schule besser über das Thema aufgeklärt zu werden. Viele würden auch gerne mit ihren Eltern über das Thema sprechen oder sich mehr mit Gleichaltrigen über das Thema austauschen. Außerdem konnten sich auch viele der befragten Kinder/ Jugendlichen vorstellen, dass es ihnen helfen würde, den Verdacht auf Cybergrooming direkt bei der Polizei zu melden oder durch eine unabhängige Meldestelle prüfen zu lassen.


Auch wenn es nie eure Schuld ist, wenn euch jemand belästigt oder bedrängt, gibt es trotzdem einige Möglichkeiten, wie ihr euch gezielt davor schützen könnt, Opfer von Cybergrooming zu werden:

• Achtet darauf, welche Daten ihr von euch teilt – und mit wem ihr sie teilt:

• Stellt eure Profile auf „privat“ ein (so können Beiträge nur von bereits vorab akzeptierten Followern gesehen, geliked, kommentiert und geteilt werden).

• Gebt keine vollständigen, echten Namen mit Nachnamen an. Nutzt stattdessen Pseudonyme.

• Teilt keine persönlichen Daten in euren Profilen oder in Chats mit Personen, von denen ihr noch nicht wisst, ob sie sind, wer sie behaupten. Achtet auch darauf, dass keine Adressen oder Telefonnummern im Hintergrund eurer Bilder zu erkennen sind.

• Bleibt auf den Plattformen, gebt nicht ohne Weiteres eure Handynummern heraus.

• Klebt eure Webcam zu oder verseht sie mit einem Schieberegler – es ist leider nicht allzu schwierig, sich in eine Webcam einzuhacken.

• Blockiert und meldet Menschen, die euch unangebrachte Nachrichten oder Kommentare schreiben, bei den jeweiligen sozialen Diensten oder Plattformen.


Habt ihr vielleicht schon einmal solche Erfahrungen gemacht? Habt ihr euch Hilfe gesucht? Welche Unterstützung würdet ihr euch wünschen? Sprecht darüber! Wo bekommt ihr Hilfe?



Achtung bei der Beweisaufnahme:

Es ist kein Problem, Fotos von euren Chatverläufen zu machen, die ihr melden möchtet. Worauf ihr achten müsst, damit die auch als Beweise verwertet werden können, erfahrt ihr hier:
• Rechtssichere Screenshots erstellen: https://hateaid.org/rechtssichere-screenshots/ Bitte macht keine Fotos/ Screenshots von Fotos, auf denen Kinder/ Jugendliche abgebildet sind, und leitet diese auf keinen Fall weiter! Je nachdem, was auf diesen Fotos zu sehen ist, macht ihr euch oder machen sich eure Eltern im Zweifelsfall strafbar für den Besitz oder die Verbreitung von sogenanntem kinder- oder jugendpornographischen Material. Gleiches kann für fremde, sexualisierte Chat-Verläufe mit Kindern oder Jugendlichen gelten. Auf welche rechtlichen Feinheiten ihr dabei
achten müsst, erfahrt ihr in unserem Text über die Verbreitung von KiPo und JuPo unter Jugendlichen.

Meldet euch bei der Polizei: wählt die 110

Meldet euch bei Internet-Beschwerdestellen, die die Inhalte genau prüfen: Die Beschwerdestellen setzen sich dafür ein, dass sowohl der Inhalt als auch das Konto der Täter*innen nicht länger online sind, wenn sie gegen das geltende Recht verstoßen. Hierzu arbeiten sie auch
mit der Polizei zusammen.

Beschwerdestelle Jugendschutz.net / https://www.jugendschutz.net/ueber-uns/beschwerdeverfahren
Beschwerdestelle FSM
Beschwerdestelle eco
Frag Zebra
Jugend Support arbeitet auch mit den Beschwerdestellen eco FSM und jugenschutz.net zusammen

Lasst euch beraten (das ist natürlich nur eine Auswahl an Anlaufstellen):

Frag Zebra per Whatsapp, Live-Chat oder E-Mail: zebra@medienanstalt-nrw.de
JUUUPORT e.V. Online-Beratung von jungen Leuten für junge Leute über ein Online-Formular
bke Jugendberatung für Jugendliche 14–21 Jahre, Beratung durch Fachkräfte über ein Kontaktformular, Forum, per E-Mail oder Chat
Jugend Notmail für Jugendliche bis 19 Jahre, Beratung durch Fachkräfte über ein Online-Formular
Safe im Recht (Frankfurter Kinderschutzbund) Beratung für Kinder und Jugendliche bis 21 durch juristische und psychologische Fachkräfte, Hilfe-Chat über Whatsapp
Weißer Ring e.V. Tel.: 116 006
Nummer gegen Kummer Tel.: 116 111


Wo könnt ihr euch noch weiter über das Thema informieren?

Klicksafe
Frag Zebra
Schau hin!
• Social-Media-Seiten des Cyberkriminologen Thomas-Gabriel Rüdiger (TikTok und Insta) und schaut z.B. auch unter: #cyberkriminologie, #cybergrooming
• Links zu den genannten Studien der Landesanstalt für Medien NRW (2021): https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/NeueWebsite_0120/Medienorientierung/Cybergrooming/211216_Cybergrooming-Zahlen_Praesentation_LFMNRW.PDF; (2022): https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/NeueWebsite_0120/Presse/Pressemitteilung/Cybergrooming_Welle2_2022.pdf

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