Eigenverantwortung in den sozialen Netzwerken von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern


Konnten eure Eltern euch bis dahin vielleicht noch vom Computer fernhalten oder nur einzelne Apps, z.B. zum spielerischen Lernen, anbieten, steht euch ab diesem Zeitpunkt mit diesem Gerät die digitale Welt offen. Eine Welt, die in weiten Teilen von Erwachsenen für Erwachsene gemacht ist, aber eben auch von euch genutzt wird. Teilweise werden Inhalte, die ausdrücklich für euch gedacht sind, von Menschen gemacht, die vor allem von Geldgier getrieben sind und wenig Rücksicht auf euer Wohl nehmen. Allein deshalb ist nicht alles gut, was im Internet zu finden ist, und die Probleme und Gefahren sind vielfältig.

Mit der Nutzung des Internets ist es wie mit jeder neuen Sache, die in deinem Leben auftaucht: Du musst lernen damit umzugehen. Wenn wir Erwachsenen für die Inhalte des Internets verantwortlich sind, dann sind wir auch dafür verantwortlich, dich mit den möglichen Problemen nicht allein zu lassen. Zuallererst sind da deine Eltern gefordert, die verpflichtet sind, dir das nötige Rüstzeug zu vermitteln. Es geht aber auch die Gesellschaft als Ganzes an, zum Beispiel mit der nachdrücklichen Forderung an die Gesetzgebung nach einem besseren Jugendschutz auch im Internet. Auf die gesetzgeberischen Aktivitäten zu warten, können und wollen sich verantwortungsvolle Eltern allerdings nicht leisten, weil es noch lange dauern kann, bis gute und wirksame gesetzliche Regelungen getroffen werden.

Anhand zweier Gefahren des Internets bzw. seiner Nutzung möchte ich diese Eigenverantwortung deiner Eltern kurz ansprechen. Wahrscheinlich findest du nicht alles gut, was du und deine Eltern machen sollten, um die nötige Medienkompetenz zu erlangen, aber die vielfältigen Probleme zeigen, dass eine ungeregelte Nutzung der digitalen Welt nicht sinnvoll ist.

a. Inhalte

Du stößt im Internet sehr leicht auf Inhalte, die für dein Alter ungeeignet sind. Die meisten Altersüberprüfungen im Internet sind ein schlechter Witz, weil die Altersangabe ohne Überprüfung, nur durch Anklicken erfolgt. Man kann von euch nicht ernsthaft verlangen, nur auf unbedenkliche und altersgerechte Seiten zu gehen. Zum einen ist nicht immer schon beim ersten Klick ersichtlich, welche Inhalte präsentiert werden, zum anderen kennen wir alle die Anziehungskraft des Verbotenen.

Das heißt, eure Eltern müssen zunächst mit euch über die Probleme und Gefahren eines ungehinderten Internetzugangs reden, damit ihr von deren Existenz überhaupt erfahrt. Zwar sollten dazu auch die Schulen beitragen, aber die Hauptverantwortung dafür liegt bei deinen Eltern. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Erwachsenen sehr genau über die Gefahren informieren und sie nicht einfach ausblenden.
Wir Eltern sind also in der Pflicht, uns mit der Datensammelwut einiger Apps kritisch auseinanderzusetzen. Wir müssen wissen, welche Apps bei euch beliebt sind und sich direkt an euch wenden. Wir müssen wissen, wie ihr z.B. bei Snapchat durch die Flammen dauerhaft an die Nutzung der App gebunden werden sollt oder welche vielfältigen Gefahren bei der sehr beliebten TikTok-App auf euch lauern (siehe Beitrag 5). Für uns Eltern ist es mittlerweile relativ leicht, sich darüber zu informieren. Es gibt hilfreiche Internetseiten wie z.B. https://www.klicksafe.de/
In vielen Städten gibt es Organisationen, die in Zusammenarbeit mit den Schulen für die Eltern der Fünft- und Sechstklässler*innen Informationsabende veranstalten. Hier wird uns Eltern auf meist recht unterhaltsame Weise nahegebracht, wie Kinder und Jugendliche das Internet und Social Media nutzen, welche Apps gerade besonders beliebt sind, welche schon wieder out sind und welche Probleme jeweils bei der Nutzung entstehen können. Zudem gibt es ein paar gute Tipps der Expert*innen, wie man seinen Kindern einen vernünftigen Umgang mit der digitalen Welt vermitteln kann.
Einige Eltern lösen das Problem kurzfristig, indem sie ihren Kindern zunächst ein nicht internetfähiges Handy zur Verfügung stellen. Ein zulässiger Ansatz, aber man verschiebt das Problem eben nur und es ist manchmal schwierig durchsetzbar, wenn die neue Klasse unbedingt eine WhatsApp-Gruppe gründen möchte, aber das eigene Kind mangels Smartphone nicht dabei sein kann.

Neben dem offenen Gespräch mit euch sind wir Eltern zu Beginn der Nutzung gehalten, die bestehenden technischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es sollte z.B. selbstverständlich sein, die Jugendschutzeinstellungen so einzustellen, dass bestimmte Inhalte gesperrt sind. Auf die wichtigen Privatsphäre-Einstellungen ist in allen Apps zu achten. Man sollte ebenfalls z.B. mittels Apps wie Family Link die Möglichkeiten nutzen, das Herunterladen von Apps von der vorherigen elterlichen Genehmigung abhängig zu machen, um genau verfolgen zu können, welche Apps geladen und wie lange genutzt wurden. Bis ihr die Gefahren kennt, solltet ihr selbst keine Inhalte herunterladen. Damit sollte man nicht zu früh und ohne Kenntnis der damit verbundenen Risiken beginnen.

Ihr müsst das nicht gut finden, aber wenn alle Eltern es so handhabten, wenn es also allen euren Mitschüler*innen und Freund*innen gleich erginge, wäre es bestimmt kein großes Problem, diese Einschränkungen zu akzeptieren. Je älter ihr werdet, desto mehr Freiheiten sollten euch eingeräumt werden und umso mehr Eigenverantwortung sollt und müsst ihr übernehmen.

b. Nutzungsdauer

Das zweite Problem, dass ich kurz ansprechen möchte, besteht in der übermäßigen Nutzung der für euch möglicherweise noch neuen digitalen Welt.
Vielleicht habt ihr selbst auch schon erlebt, wie groß der Drang ist, immer und überall erreichbar zu sein und jede Nachricht sofort zu lesen und zu beantworten. Teilweise wird das von einigen Apps gefördert, in dem ihr, z.B. von Snapchat, für die tägliche Kommunikation mit anderen Nutzer*innen mit Flammen „belohnt“ werdet, diese aber verlorengehen, wenn ihr auch nur einen Tag nicht miteinander kommuniziert. Kinder und Jugendliche werden dann sehr schnell zu Getriebenen, die überfordert sind. Dann ist das Smartphone nur noch eine Belastung, die zu ernsthaften psychischen Problemen führen kann.

Es wir euch vielleicht nicht gefallen, aber die einzige Möglichkeit das effektiv zu verhindern ist, gerade bei den Jüngeren von euch und zu Beginn der Nutzung, die Nutzungsdauer zu beschränken. Auch da kann mithilfe von Familiy Link eine maximale Nutzungsdauer pro Tag festgelegt werden, genauso wie Limits für die Nutzung bestimmter Apps.
Darüber hinaus ist es unabdingbar bestimmte Regeln festzulegen, z.B. sollte während der Mahlzeiten oder bei gemeinsamen Unternehmungen das Smartphone nicht genutzt werden. Um dies zu erleichtern, sollte das Handy zu diesen Anlässen nicht im direkten Zugriff sein, damit durch die Benachrichtigungstöne kein unnötiger Druck aufgebaut wird. Wichtig ist dabei, dass die Regeln für alle Familienmitglieder gelten und wir Eltern uns ebenfalls daran halten. Auch für uns ist eine Auszeit vom Handy gut und sinnvoll. Wir müssen einen gesunden Umgang vorleben, damit die Kinder und Jugendlichen sich an uns orientieren können.
All diese Hinweise klingen einfach – und sie sind es erfreulicherweise auch. Denn dadurch sind sie leicht umsetzbar. Bei konsequenter Umsetzung können sie euch helfen, eine eigene Medienkompetenz aufzubauen, die ihr euer ganzes Leben brauchen werdet.

So einfach die Vorschläge zu einer bewussteren Nutzung des Internets auch sind, ihre Umsetzung ist leider noch lange nicht selbstverständlich: Bei Befragungen der letzten Jahre stellten Wissenschaftler*innen immer wieder fest, dass einige Eltern ihren 10-jährigen Kindern jegliche Freiheiten ließen, in der unüberlegten Annahme, diese würden auch ohne Hilfe verantwortungsvoll mit dem Internet und Social Media zurechtkommen. Woher diese Kompetenz kommen sollte, ist unklar.

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