Verbreitung von kinder- und jugendpornographischen Inhalten unter Kindern/Jugendlichen
Seit Jahren nimmt die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte weiter zu. Während Kinder/ Jugendliche im Jahr 2020 noch ein Drittel aller Tatverdächtigen ausmachten, stieg ihr Anteil im Jahr 2021 auf ca. 40% aller KiPo-Tatverdächtigen. Anders verhält es sich bei JuPo, wo Kinder/ Jugendliche im Jahr 2020 etwa die Hälfte aller Tatverdächtigen ausmachten und ihr Anteil im Jahr 2021 leicht auf ca. 45% aller Tatverdächtigen zurückging. Das bedeutet: Kinder/ Jugendliche beteiligen sich häufig daran, Kinder- oder Jugendpornografie in Umlauf zu bringen. Die meisten von ihnen ahnen nicht, dass sie sich damit strafbar machen.
Was sind „kinder- oder jugendpornografische Inhalte“? Woran kann ich sie erkennen?
Mit „Inhalten“ sind Bilder, Videos, Schriften und Zeichnungen gemeint. § 11 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs (StGB)
Das Wort „pornografisch“ bezieht sich hier auf die tatsächlichen sexualisierten Handlungen oder die Darstellung solcher Handlungen an Kindern oder Jugendlichen. Aber auch, wenn jemand sowas an sich durch Kinder/ Jugendliche vornehmen lässt. Oder Kinder/ Jugendliche bei solchen Handlungen
oder Darstellungen mit dabei sind. Für die Erstellung von KiPo oder JuPo müssen diejenigen, die in den Fotos oder Videos zu sehen sind, nicht zwangsläufig nackt oder nur leicht bekleidet sein. Es ist auch nicht unbedingt notwendig, dass Geschlechtsverkehr auf den Fotos oder Videos dargestellt wird, damit die Darstellung als KiPo/JuPo gilt. Nach dem Gesetz reichen auch schon eine „aufreizend geschlechtsbetonte Körperhaltung“ oder „die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes“ von Kindern unter 14 Jahren (KiPo) oder Jugendlichen über 14, aber unter 18 Jahren (JuPo) aus.
Gerade in den sozialen Medien ist es normal, Fotos/ Videos von sich zu machen und zu posten, Fotos/ Videos von anderen zu kommentieren, zu liken oder zu teilen. Aber ihr müsst euch bewusst machen, dass ALLE Darstellungen, die euch oder andere Kinder/ Jugendliche in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen, schon als KiPo/JuPo eingestuft werden müssen. Passt deshalb beim Posieren auf, dass ihr nicht gewollt oder ungewollt selbst illegale Inhalte von euch in Umlauf bringt (Stichwort: Pornselfies). Überlegt euch unbedingt, bevor ihr etwas teilt, ob die Bilder oder Videos (von euch oder anderen) so interpretiert werden könnten. Denn sollte es sich dabei um KiPo/JuPo handeln, macht ihr euch strafbar.
Es ist übrigens möglich, dass ihr auf den Bildern/ Videos, die ihr im Netz findet oder die euch geschickt werden, reale sexualisierte Gewalt an Kindern/ Jugendlichen beobachtet.Solche Darstellungen sind deshalb nicht witzig, sondern ernst. Es ist möglich, dass die Kinder oder Jugendlichen auf diesen Bildern/ aus diesen Videos eure Hilfe brauchen. Was ihr in solchen Verdachtsfällen tun solltet, lest ihr weiter unten!
Seht euch hierzu gerne auch die Kampagne der Polizei an: #denkenstattsenden. Die Videoclips zur Kampagne findet ihr auch hier.
Zu den Schriften gehört z.B. auch das sogenannte Sexting, weil es sexualisierte Inhalte mit Kindern oder Jugendlichen darstellt. Beim Sexting senden sich zwei Menschen im gegenseitigen Einvernehmen erotische Nachrichten oder Fotos voneinander. Für Personen unter 14 Jahren ist das allerdings ausnahmslos verboten, auch mit dem festen Freund/ der festen Freundin. Auch wenn die feste Freundin/ der feste Freund gleichalt ist. Bei Jugendlichen ab 14 Jahren ist das gegenseitige Zusenden von Nacktbildern oder erotischen Nachrichten ebenfalls als Erstellung und Verbreitung
von JuPo anzusehen. Hierbei ist es jedoch aus rechtlicher Sicht immerhin möglich, solche Inhalte in partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Jugendlichen nicht als strafbar zu werten. Hier entscheidet im Zweifelsfall der Einzelfall. Definitiv strafbar ist jedoch weiterhin, wenn ihr solche Inhalte ohne Zustimmung der gezeigten Person bzw. der Person, die den Text geschrieben hat, weiterverbreitet. Auch Zeichnungen können kinder- oder jugendpornografische Inhalte darstellen, Mangas oder Animes zum Beispiel. Sollten euch sexualisierte Darstellungen von, an oder mit Kindern oder Jugendlichen (unter 18 Jahren) in solchen Formaten auffallen, solltet ihr diese nicht lesen, ansehen, behalten oder mit anderen teilen.
Als Daumenregel:
Alle Inhalte, die die abgebildeten oder beschriebenen Kinder oder Jugendlichen sexualisieren, sind als KiPo oder JuPo zu bewerten.
Wann mache ich mich strafbar? Ihr ahnt wahrscheinlich schon, ab wann ihr euch strafbar macht. Es gibt aber noch ein paar Feinheiten, auf die wir euch hier aufmerksam machen möchten. Für euch und für eure Eltern haben wir zur Info die folgenden Paragrafen des Strafgesetzbuchs (StGB) zusammengestellt, die regeln und erklären, was KiPo/JuPo ist und was unter Strafe steht:
§ 184 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3a, 5 StGB (Verbreitung pornografischer Inhalte an unter 18-Jährige)
§ 184b StGB (Verbreitung, Erwerb, Besitz von KiPo)
§ 184c StGB (Verbreitung, Erwerb, Besitz von JuPo)
§ 184e StGB (Veranstaltung/ Besuch von KiPo-/JuPo-Darbietungen)
Diese Paragrafen sagen zum einen, dass es Erwachsenen generell verboten ist, Menschen, die jünger als 18 Jahre alt sind, mit pornografischen Inhalten in Kontakt zu bringen. Es ist verboten, ihnen solche Inhalte zu überlassen, anzubieten oder zugänglich zu machen. Die Paragrafen sagen zudem, dass der Erwerb, der Besitz und die Verbreitung von kinder- oder jugendpornografischen Inhalten verboten sind. Das gilt nicht nur für Erwachsene, sondern auch für euch. Das bedeutet, dass es verboten ist, solche Bilder/ Videos zu behalten, die einem zugeschickt worden sind. Die müsst ihr immer löschen. Gleiches gilt für sexualisierte Schriften oder Zeichnungen. Macht ihr das nicht, macht ihr euch strafbar wegen Besitzes von KiPo/JuPo. Es kann deshalb ratsam sein, in Messenger-Diensten die Funktion, Bilder/ Videos automatisch herunterzuladen, auszuschalten. Ihr dürft solche Inhalte also nicht kaufen, herstellen, auf einem Gerät haben („besitzen“) oder teilen. Darüber hinaus regeln die Paragrafen , dass ihr keine Veranstaltungen organisieren oder zu Veran- staltungen gehen dürft, bei der solche Inhalte hergestellt oder gezeigt werden.
Wichtig zu wissen:
Seit dem 01.07.2021 ist die Verbreitung von KiPo kein Vergehen mehr, sondern ein Verbrechen! Das bedeutet, dass die Strafe bei diesen Straftaten (§184b StGB) schwerwiegender ausfällt (1–10 Jahre Freiheitsstrafe). Außerdem seid ihr ab 14 Jahren strafmündig und könnt euch nach dem Jugendstrafrecht strafbar machen.Bereits die Suche nach KiPo/JuPo ist strafbar. Eine bayerische Studie hat 2019 festgestellt, dass gerade im Bereich der Weiterleitung von Porn Selfies ein erhebliches Missverhältnis bestand: Denn auf über 90% der Bilder, die ungefragt weiter-geleitet wurden, waren Mädchen abgebildet. Die jugendlichen Täter, die wegen dieser Verbreitung gefasst wurden, waren zu über 80% Jungen. Gerade, wenn JuPo-Delikte unter Jugendlichen begangen werden, gibt es noch einen sogenannten Ermessensspielraum. Das bedeutet, dass bestimmte Faktoren in die Entscheidung miteinbezogen werden, wenn durch Richter oder Richterinnen entschieden wird, ob ihr euch wirklich strafbar gemacht habt. Dabei wird in die Überlegung miteinbezogen, wie reif ihr seid oder ob ihr wusstet, dass das, was ihr gemacht habt, verboten war. Es wird auch geschaut, ob ihr damit jemandem wehtun wolltet. Also, ob ihr euch zum Beispiel an eurer Ex-Freundin oder eurem Ex-Freund rächen wolltet und deshalb die Nacktbilder von ihnen mit anderen geteilt habt (Stichwort: Revenge Porn). Oder, ob ihr gemeinsam mit anderen über eine Mitschülerin oder einen Mitschüler lachen oder mit eurer Freundin vor euren Kumpels angeben wolltet. Die Grenze zwischen der strafbaren Handlung und möglicher Unbedarftheit liegt also im Ermessensspielraum der Gerichte. Es gibt jedoch generell das Recht am Bild. Deshalb ist klar, dass ihr immer fragen müsst, bevor ihr Bilder von anderen weiterleitet. Insbesondere, wenn es sich um solche privaten Bilder/ Videos handelt. Das Angeben mit privaten Bildern eurer Freundin/ eures Freundes ist deshalb nicht nur nicht okay, sondern im Zweifelsfall eine strafbare Handlung!
Was soll ich machen, wenn ich auf KiPo oder JuPo stoße?
Es ist nicht immer leicht, zu erkennen, ob es sich bei den Inhalten, auf die man im Internet stößt oder die einem zugeschickt werden, wirklich um KiPo/JuPo handelt. Manchmal sehen 19-Jährige z.B. jünger oder 12-Jährige etwas älter aus. Der Verdacht reicht jedoch schon aus. Im Zweifelsfall ist es besser, solche Inhalte einmal zu häufig als einmal zu wenig zu melden.Es gibt Fachleute bei der Polizei, die sich gezielt mit der Zuordnung von solchen Inhalten beschäftigen und hier eine Einschätzung der Situation vornehmen können. Inhalte, die den Verdacht auf KiPo oder JuPo erwecken, solltet ihr immer melden! Das könnt ihr in den sozialen Netzwerken machen, bei Internet-Beschwerdestellen oder direkt bei der Polizei:
• Polizei: wählt die 110
• Internet-Beschwerdestelle Jugendschutz.net / https://www.jugendschutz.net/ueber-uns/beschwerdeverfahren
• Internet-Beschwerdestelle FSM
• Internet-Beschwerdestelle eco / https://www.eco.de/themen/politik-recht/eco-beschwerdestelle/
• Jugend Support arbeitet auch mit den Beschwerdestellen eco, FSM und jugenschutz.net zusammen
All diese Stellen werden eure Meldungen prüfen, auch die sozialen Netzwerke. Sollte es sich bei den gemeldeten Inhalten tatsächlich um KiPo oder JuPo handeln, wird die Löschung der Inhalte veranlasst. Im Übrigen sind die sozialen Netzwerke verpflichtet, eure Meldungen über KiPo oder JuPo an die Polizei weiterzuleiten, so steht es im Gesetz (§3a NetzDG). Die Internet-Beschwerdestellen prüfen, wer für die Anzeige der Inhalte verantwortlich ist. Um die Inhalte löschen zu lassen, wenden sie sich direkt an die Verantwortlichen der Seite/ Plattform (z.B. Betreiber der Seite/ Plattform oder Host-Provider, der den Speicherplatz verantwortet).
Wichtig: Denkt daran, keine Screenshots von solchen Inhalten zu machen, damit ihr euch nicht selbst strafbar macht. Lasst euch im Zweifelsfall noch einmal extra beraten, wie ihr die Beweise sichern sollt.
Ich bin von sexualisierter Gewalt betroffen. Wo kriege ich Hilfe?
Sprecht darüber und lasst euch beraten – hier findet ihr offene Ohren:
• Weißer Ring e.V. Tel.: 116 006• Nummer gegen Kummer Tel.: 116 111
• Telefonseelsorge Telefon-, Mail-, Chatberatung, 24/7
• Hilfetelefon Sexueller Missbrauch Tel.: 0800 22 55 530 (bundesweit, kostenfrei und anonym)
• Frag Zebra per Whatsapp, Live-Chat oder E-Mail: zebra@medienanstalt-nrw.de
• JUUUPORT e.V. Online-Beratung von jungen Leuten für junge Leute über ein Online-Formular
• bke Jugendberatung für Jugendliche 14–21 Jahre, Beratung durch Fachkräfte über ein Kontaktformular, Forum, per E-Mail oder Chat
• Jugend Notmail für Jugendliche bis 19 Jahre, Beratung durch Fachkräfte über ein Online-Formular
• Safe im Recht (Frankfurter Kinderschutzbund) Beratung für Kinder & Jugendliche bis 21 durch juristische und psychologische Fachkräfte, Hilfe-Chat über Whatsapp
Meldet euch bei der Polizei: wählt die 110
Wo kann ich mich noch weiter informieren?
• Videoclips der Kampagne der Polizei #denkenstattsenden• Aufklärung durch Klicksafe für den Umgang mit Sexting oder Porn Selfies durch Jugendliche
• Aufklärung der Polizei zum Umgang mit KiPo
• Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG)
• Info von Jugendschutz.net über die Darstellungsformen von sex. Gewalt an Kindern/Jugendlichen
• BKA-Pressemitteilung über Schlag gegen Darknet-Plattformen wg. KiPo-Verbreitung
• BKA-Pressemitteilung zur PKS 2020 (Zahlen kindlicher Gewaltopfer)
• Einschätzung eines Strafverteidigers zu dem Thema
• Bayrische Studie (2019) Webseite: Klick hier!
• Hilfe-Portal sexueller Missbrauch