Ständige Kindervertretung kritisiert Gerigs Ablehnung der Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln scharf
23. August 2019
Wie einer gestrigen Meldung des Pressereferats des Deutschen Bundestages zu entnehmen ist, lehnt der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Alois Gerig, eine Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln ab, da sie die Verbraucher in die Irre führe.
In der Vorabmeldung zum Interview in der Wochenzeitung „Das Parlament“ erklärte er: „Ich denke, wir haben kein Problem mit schlechten Lebensmitteln, sondern mit schlechter Ernährung. In unserer Gesellschaft steigt der Anteil der Übergewichtigen und ernährungsbedingte Krankheiten breiten sich aus. Die Folge sind stark steigende Kosten im Gesundheitswesen. Um den Trend zu stoppen, müssen wir vor allem die mündigen Verbraucher darin bestärken, auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Bewegung zu achten“.
Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der ständigen Kindervertreter sieht Gerigs Äußerungen kritisch: „Das ist viel zu kurz und zu wenig in Zusammenhängen gedacht“, kritisiert er. „Gerig argumentiert mit einer Zielgruppe, die über das Einkommen, die Bildung und das Bewusstsein verfügt, um mehr für ihre Gesundheit und die ihrer Kinder tun zu können. Er lässt jedoch die nicht geringe Anzahl von Menschen in Deutschland außer Acht, die aufgrund ihres geringen Einkommens gezwungen sind, möglichst preiswert einzukaufen, die oftmals so viel arbeiten müssen, dass kaum Zeit bleibt, sich genügend sportlich zu betätigen und die mitunter über einen niedrigeren Bildungsgrad verfügen, sodass sie die Nährwertangaben auf den Lebensmitteln nicht ohne Hilfe verstehen können“, so Becker. Darüber hinaus müssen mitunter auch „mündige Verbraucher“ nach einem stressigen Arbeitstag schnell die Einkäufe für die Familie tätigen. Bei aller Mündigkeit wären auch sie sicherlich für eine kurze und übersichtliche Hilfe beim Erkennen der Nährwerte der für sie in Betracht kommenden Lebensmittel dankbar.
Die Deutsche Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V. bekräftigt daher ihre Forderung nach einer Ampelkennzeichnung in Form des Nutri-Scores – auch und insbesondere zum Wohl unserer Kinder. Über 35 wissenschaftliche Studien konnten bereits die Wirksamkeit dieser Nährwertkennzeichnung beweisen. In einer Forsa-Umfrage vom 14. August 2019 sprachen sich Verbraucherinnen und Verbrauchern mehrheitlich für den Nutri-Score aus, insbesondere die mit geringer Bildung und starkem Übergewicht.
Die ständige Kindervertretung ist zudem der Ansicht, dass die Ampelkennzeichnung nicht – wie Gerig meint – darauf abzielt, eine Einteilung in Gut und Böse vorzunehmen. Vielmehr würde damit mehr Transparenz bei den Nährwerten in verarbeiteten Lebensmitteln geschaffen, das Bewusstsein über das Einkaufsverhalten geschärft und auf einem Blick schnell deutlich, ob ein Nahrungsmittel das ernährungsphysiologisch günstigere Produkt ist als das andere. Außerdem könnte damit der Wettbewerb bei der Reformulierung gesunder Lebensmittel durch die Lebensmittelwirtschaft forciert werden.
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